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leben und sterben am fluss

ein etwas anderer bericht vom fahrradfahren entlang der donau

bernhard schlage im september 2008

es war nur ein kleines blaues licht, kirschkerngross und schwebend vorne über dem schutzblech meines vorderrades. zu zeiten, als schutzbleche noch aus richtigem blech bestanden und nicht bei den ersten minusgraden im winter in frostiger kälte zersplitterten. ein kleines blaues licht also, dass mir leuchtete und in dem ich gesichter und grimassen erkennen konnte. es war so ähnlich, wie das betrachten des vollmondes, bei dem wir mit zunehmender entspannung der augen verschiedenartige gesichter zu sehen meinen. ich betrachtete diese überraschenden bilder während der fahrt, was nicht ganz ungefährlich war und erstaunte mich über ihre bedrohlichkeit. es erstaunte mich, von etwas im leben mich so bedroht zu fühlen, denn ich empfand nichts besonderes zu hause: keine häusliche gewalt, keine alkoholabhängigen familienmitglieder, nur einfach diese ‚fürsorgliche belagerung’* kindlicher entwicklung, die sich in bürgerlichen erziehungsvorstellungen begründet und allzu leicht in ignoranz gegenüber kindlichen versuchen, die welt zu erkunden endet.

mein erster fahrradausflug

ich suchte also nach wegen, die welt auf meine weise zu erkunden; in meinem tempo mich der welt und ihren menschen zu nähern; herauszufinden, was meine vorstellungen-von-der-welt unterscheidet von der konsensrealität in der wir alle leben. und bei dieser suche spielte das fahrrad-fahren ein rolle, die ich in meinen reisebericht aus danubien hineinflechten möchte.

mein erster fahrradausflug führte natürlich über das elterliche gebot „fahr nicht weiter als bis zum waldrand“ hinaus: das entdecken, dass es ein jenseits der elterlichen vorstellungen gab. und die interessante frage, ob ich mit den mir zur verfügung stehenden resourcen in diesem ‚jenseits‘ werde bestehen können? schliesslich grinsend zurückkommen und zu wissen, dass es geht.

das waren die ersten ausflüge auf dem vom onkel geerbten fahrrad mit 24ger bereifung. blaue farbe hatte der rahmen und ich malte mir einen diffusen zusammenhang zwischen der farbe und dem kleinen blauen licht aus. die bilder beim betrachten des kleinen lichtes behielt ich für mich. etwas in mir warnte mich davor, von ihnen zu berichten. vielleicht auch die erfahrung der ungewöhnlichen wirklichkeiten, von denen meine psychisch kranke mutter bisweilen erzählte und in die ich keinesfalls abdriften wollte.

globalisierung macht radreisende zu opfern von reparaturspezialisten

dann gab es das erste eigene fahrrad mit 7gang torpedo-schaltung: das war etwas großes, ein französischer rahmen und fast so wie ein richtiges rennrad! heutzutage sind fahrräder immer mehr ausdruck der fortschreitenden globalisierung: schweissnähte aus deutschland, stahl aus kroatien, sattel aus england, schrauben aus tschechien, schaltung aus japan, trinkflaschenhalter made in china. und neben den schwierigkeiten mit extrateilen, die ausser spezialisten niemand mehr während der reise selber reparieren kann, müssen wir uns mit der frage auseinandersetzen, ob jener internationalismus für den wir damals als schutz vor einem neuen weltkrieg gekämpft haben, sich nicht in einen imperialismus von shimano, brooks, penny, lidl und konsorten verwandelt hat. obwohl die existenz dieser marken in den ländern entlang der donau auch einen wiedererkennungswert für westeuropäische reisende hat, ist sie ausdruck vom leben und sterben regionaler kulturen der welt.

das neue fahrrad brachte die andeutung neuer freiheit und gleich auch die befürchtung, ob ich es wohl schaffen würde, den daraus erwachsenden möglichkeiten stand zu halten. der erste tagesausflug führte mich nicht nur in den wald, sondern den ganzen berg herunter bis ins tal und auf der landstraße wieder herauf. auf wegen, die ich selbst mit meinen eltern zusammen noch nie gegangen war. ich begegnete fremden menschen und flüchtete, wenn sie mich ansprachen: damals gab es noch die elterlichen nachrichten mit der angst vorm fremden mann. es gab die schallplatten mit der hexe im wald und meine kindliche fantasie, die dieser hexe einen magischen platz im wald einräumte. ich erinnere meine gänsehaut, als ich diesen platz im wald mit dem fahrrad passieren musste. in der entwicklungs-psychologie sprechen wir vom sterben des ‚kleinen ich‘ des kindes als voraussetzung für den gewinn neuer lebens- und ausdrucks-möglichkeiten.

in der jugend die phase des herumschraubens an allem, was räder hat: nur dass ich nicht meine mofa ‚frisiert‘ habe, sondern meinem vater ein fahrrad vom sperrmüll restaurierte und mich daran freute, wenn er samstags mit dem blau-weiss getupften rahmen gen wochenmarkt radelte. wir jungs sammelten alte rahmen vom schrott ein und statteten sie notdürftig aus, um auf den blossen felgen im wald ‚cross‘ zu fahren – ein BMX-rad war damals der kühnste fahrradtraum der kinderseelen.

zur psychologie des radwanderns

schließlich die erste fahrt übers wochenende in eine andere stadt. heute würden wir über diese reise schmunzeln, fuhren wir doch nicht einmal 40 kilometer damals. aber zu jener zeit war es eine überwältigende änderung: mit eigener kraft in eine fremde stadt reisen, mit den leuten dort sprechen und nach wegen erkundigen, was in zeiten ohne fertige fahrradwegekarte oder gar fahrradnavigations-gerät eine unabdingbare begleiterscheinung des fahrradreisens war. ich suchte herauszufinden, wie ich meine bedürfnisse äussern und wie ich von anderen menschen wahrgenommen wurde. ich erlebte die tiefe enttäuschung darüber, dass diese menschen nicht so funktionierten, wie ich mir das wünschte und das anfangs noch verzweifelte entdecken des andersseins der anderen. das gespräch am abend mit den menschen im wirtshaus und das entdecken, dass die konsensrealität im elterlichen hause nicht die einzige ist und das auch andere menschen in ihren wirklichkeiten überleben konnten. all das erschien mir fast unglaublich damals. und natürlich die spannende entdeckung, dass der fremde nicht nur ein bedrohlicher anderer ist, sondern dass das gespräch mit ihm auch zu einer bereicherung des eigenen denkens werden kann. ich erinnere noch den erstaunten ausspruch meiner tochter bei unserer ersten gemeinsamen fahrradtour, dass all diese menschen, denen wir auf reisen begegnen die ganze zeit bevor wir dorthin reisten und längst nachdem wir ihnen begegnet sind, einfach nur ihr leben führen und welch bittere tränen sie darüber vergoss, dass wir dann ja ganz bedeutungslos wären. radreisen also als beitrag zu enttäuschung und seelischem wachstum.

der humanistische vorwurf der flucht vor der wirklichkeit war in meiner jugend sicher richtig und doch steckte in dieser flucht auch die möglichkeit des erwerbs neuer fähigkeiten und neuer rückmeldungen über das eigene wirken, die eine kompetenz im umgang mit der welt vermittelte.

es folgte die erfahrung um die grenzen der freiheit, wenn wir uns in unkenntnis der eigenen kräfte zu grosse strecken vornahmen; oder einfache fehler machten, indem wir vergassen, wassser zu trinken und uns bei sommerlichen temperaturen am ende einer steigung plötzlich im strassengraben wiederfanden… einfach ohnmächtig vom rad gefallen – pubertäres leben und beinahe-sterben an deutschen strassen. so was haben radelbegeisterte später noch in berichten von den frühen tour de france’-fahrten gelesen. es gab diesen erstarrten, schwächlichen, kurzsichtigen jungen in mir, sohn eines weltkriegsteilnehmers, ein wenig sonderlich und das radfahren wurde zur verwirklichung der bekannten alten geschichte von der notwendigkeit der förderung körperlicher entwicklung als grundlage geistigen wachstums.

dann kamen die ersten reisen über mehrere tage. ich suchte mich in der welt zu finden und suchte natürlich auch beachtung. vor der entwicklung grüner städteplanung, war das radfahren noch eine art abenteuerurlaub für kein-geld-zum-autokauf-haber. später wandelte sich das radfahren vom politisch ambitionierten hobby grüner umweltaktivisten, zum medizinischen trainingsgerät zur vorbeugung altersbedingter nebenwirkungen des lebens. wir statteten uns mit sogenannten topographischen karten aus, suchten uns den weg darauf zurecht und landeten unweigerlich auf übelriechenden rennpisten der autofahrer, oder nahezu unpassierbaren sandpisten in der sinngemässen ‚walachei‘.

das muss man heutigen radreisenden für ungarn, serbien oder der rumänischen walachei gegenüber erwähnen, dass in diesen ländern die zeiten von geregeltem kat noch nicht angebrochen sind und sich routenabschnitte auf autostrassen schnell zu touren in ‘fliegendem altöl’ verwandeln können; womit ich nicht die möglicherweise schweröl belasteten leerstehenden grundstücke an städtischen ausfahrtsstrassen von novi sad, beograd oder vidin meine, sondern jene russenden 50-/60ger-jahre automobile, die dort noch ihren dienst im strassenverkehr leisten: modernes leben und vergiftet- werden an den strassen europas…

für die quartiersuche machte ich mir damals eine einfache regel zu eigen: zuerst zur ortskirche fahren, nach der kneipe ausschau halten und dort kennt meistens der wirt jemanden im ort, der zimmer vermietet, wenn er nicht selber grade eines frei hat. das war in den sogenannten ‘ländern des ostblocks’ in den achtziger jahren ein problem, weil um die kirche kein gesellschaftliches leben stattfand und man erst nach dem örtlichen ‚konsum‘ suchen musste, um dann die dort in der warteschlangen stehenden genauer zu befragen.

von der kreativen schizophrenie des radlerbewusstseins

mit den ersten längeren touren tauchten auch die beim kleinen blauen licht beobachteten phänomene wieder auf: je länger wir auf der strecke unterwegs sind und in die ‚trance des kurbelns‘ fallen, umso deutlicher tauchen signale aus dem eigenen inneren auf: die unkontrollierbare innere frage, ob das hinterrad auch wirklich die luft hält; das suchende innenwahrnehmen des körpers nach signalen, die zu schmerzen führen könnten, oder die beständige bewegung auf dem sattel mit der frage nach dem befinden des sitzfleisches, sind begleiterscheinungen, die einem mehr und mehr schwierigkeiten auf der tour machen können: je länger wir genau diese symptome beobachten, umso deutlicher wird ihre tendenz sich zu manifesten schwierigkeiten auszuweiten. besonders bei der suche nach geeigneten quartieren bestätigt sich der magische zusammenhang zwischen unserer annahme, dass an diesem ort bestimmt kein quartier zu finden sein wird und der erlebten tatsache, erst 12 kilometer weiter ein quartier zu finden, auf anstrengende weise immer wieder neu. schon als kind entdeckte ich beim betrachten der blauen kugel über meinem schutzblech, dass sich die entstehenden grimassen in dem licht in beziehung zu meiner imagination verhielten. so tauchte meine mutter darin als bedrohliches ungeheuer auf, oder ich sah mich verloren in wüsten einöden. erfahrungen, die ich erst viel später mit familiären erlebnissen in verbindung bringen konnte. es gibt diese tendenz unseres bewusstseins, tunnel-realitäten ** zu erschaffen. sie aber auch kontrollieren zu können, bedarf einer übung, die viele menschen bis in ihr hohes alter nicht erreichen. hierbei gilt es im übrigen die fähigkeit zu entfalten, zwischen dem kindlichen magischen bewusstsein „ich will es, also wird es auch geschehen“ und dem erwachsenen, intuitiven vorrausahnen von wahrscheinlichkeiten aufgrund von erfahrung, unterscheiden zu lernen.

radfahren als angewandter internationalismus

wir haben bislang nur einseitig über die auswirkungen des reisens auf den reisenden gesprochen. die auswirkungen des reisenden auf die menschen/kulturen, denen er begegnet,sind dabei zu kurz gekommen: der reisende trägt immer auch ein fremdes element in die ihn umgebende kultur: es gibt diesen wunderbaren bericht über kulturelle neuerungen in der menschheitsgeschichte durch zugereiste: wie z.b. hippokrates‘ lehren durch einen umherreisenden araber, ibn zohar, via spanien nach europa kamen; oder wie byzantinische emigranten im iran die ersten fakultäten für medizin, astronomie und mathematik gründeten.*3

nach dem sammeln erster erfahrungen mit mehrtägigen fahrradtouren schliesslich in den frühen achtziger jahren die donau. damals haftete der route von passau nach wien noch der reiz des exotischen an: es gab noch keine österreichische grüne partei, die sich erst ein paar jahre später im streit um den erhalt der donau- auen im südosten wiens gründen würde; es gab keinen gepäcktransportservice mit festen übernachtungen und keine packtaschen, dank deren wasserdichtigkeit man notfalls auch durch die donau hätte schwimmen können… es gab noch diesen unterschied zwischen jenen flussliebhaberInnen, die mit dem auto im offenen verdeck den rhein entlang fuhren und in konstanz am deutschen eck in hotels mit vergoldetem türknauf übernachtung suchten und jenen anderen, die entlang der donau mit stahlrädern und dreigang- nabenschaltung fuhren. für die der grüne grenzübergang von deutschland nach österreich noch ein ereignis war… da stand sogar noch ein grenzer und man musste in deutschland für die ersten geschäfte in österreich schillinge gewechselt haben, weil es in aschach noch keinen bankomat gab. wo heute reisende gleichbleibende standarts ihrer heimat in allen reiseländern fordern, galt noch die sehnsucht nach dem fremden und anderen der kultur in die man fuhr. wir radelten damals mit leuten gemeinsam eine abenteuerliche strecke und manche konnten einem spannende nebenstrecken berichten, die wir heute fertig ausgeschildert am donauradweg finden.

nebenstrecke bei lepenski vir

bei weiterreise richtung ungarn entsteht noch immer dieses fremde. ich erinnere mich an meine kindlichen empfindungen ‚jenseits‘ des von den eltern erlaubten territoriums zu radeln. sei es, weil die ungarische radtourismus-vereinigung beständig der forderung nach einheitlicher beschilderung widersteht, oder auch, weil die finno- ungarische sprachfamilie sich einer erkenntnis durch nachahmung entzieht. beim weiterreisen nach serbien oder gar bulgarien kommt dann der wechsel zur kyrillischen schrift hinzu, der uns als fremde auf unsere verletzlichkeit und unser in-die-welt-geworfen-sein zurückwirft: immer schwieriger werden die bemühungen unsere täglichen bedürfnisse nach wasser, lebensmitteln, orientierung oder quartier zu erfüllen… wir verlieren die haltung des kulturbringers, missionars oder touristen und werden aufgenommen vom strom der lebenden leiber um uns herum, die ihrerseits um ein überleben in ihrer kultur bemüht sind. so entwicklet die donau je weiter wir richtung osten reisen immer deutlicher ihren charakter der völkerverständigung: immer stärker müssen wir als reisende uns mit den vor-urteilen über ‚rumänische menschenhändlerbanden‘, den ’stehlenden zigeunerkindern‘ oder ’serbischen milosevics‘ auseinandersetzen und jene, die wir besuchen, setzen sich mit ihren urteilen über den reichen westler auseinander, der irrsinniger weise solch ein arme-leute-gefährt wie ein fahrrad für urlaubsreisen benutzt. hier also wieder, wie auf meinen ersten radtouren die erfahrung des fremden als bedrohlichem und seine umwandlung in jemand persönlichen, den ich kenne und der mich kennt und ein vertraut-werden mit der welt. aspekte von sanftem tourismus, die wir als radwander-begeisterte uns wünschen. 

leserInnen könnten einwenden, dass die entwicklung einer touristischen infrastruktur ihre guten aspekte für die wirtschaftliche entwicklung des balkans mit sich bringt, aber sie hat eben auch den zerstörerischen charakter einer immer weitergehenden deformierung des lebensäusserungen der bevölkerung bezogen auf die bedürfnisse der fahrradfahrenden reisenden. die situation ist ähnlich der, in der wir als jugendliche mit neugierde das tretlager unseres drahtesels auseinanderschraubten, um seine details zu erforschen und anschliessend enttäuscht feststellten, dass wir seine funktion nicht wieder herstellen konnten: gerät eine kultur erst einmal in den sog, ihre werte touristisch verkaufbar zu machen, verlieren genau diese werte ihren, den sozialen zusammenhalt und lebenssinn stiftenden charakter für die bewohnerInnen.

diese entwicklung zwischen der noch ursprünglicheren donau und dem rhein spiegelt sich auch geologisch wieder: die donau als erdgeschichtlich älterer fluss leitet alle wasser die an der nordseite der alpen entspringen richtung schwarzes meer, während dem rhein die besonderheit obliegt, als einziger quellfluss der alpen sein wasser in die nordsee zu entleeren. allerdings verliert die donau in der sogenannten donauversickerung bei immendingen und später bei fridingen immer mehr wasser, das nach unterirdischem durchlaufen von karsthöhlen schliesslich im aachtopf hervorsprudelt und über den bodensee in den rhein fliesst. eine entwicklung, der zwar zur zeit noch mit der vorbeileitung des donauwassers an der versickerungs-stelle begegnet wird, die aber in absehbarer zeit unumkehrbar ist. spiegelt sich in dieser geologischen tatsache auch die kulturelle veränderung der zunehmenden gesellschaftlichen entfremdung von unserem natürlichen, ursprünglichen lebensraum wieder!? nur noch 20% der überschwemmungsgebiete, die an der donau im 19.jahrhundert existierten, sind heute noch vorhanden. leben und sterben einer flusslandsachft in europa.*4

von packeseln und radelnden puritanern

auf diesen ersten längeren ausflügen stellten sich zwei neuerungen des fahrradreisens ein: die erste betraf die vorbereitungen und die frage, was soll eigentlich auf die reise mitgenommen werden? welche kleidung, welches werkzeug, lebensmittel für allergikerInnen und wieviel gepäck verträgt eigentlich ein fahrrad? immer neue materialentwicklungen kamen dem typ des packesel-radelns zu hilfe: zuerst waren es geräumige körbe, die man am lenker einhängen konnte und die bei den fahrenden zu erheblichen schlingerbewegungen beitrugen! die entwicklung des spanngummis machte es einfacher, jene auf dem gepäckträger aufgetürmten sackartigen berge auf- und abzuschnallen, als mit den vormals bestehenden seil-verschnürungen. dann die entwicklung des ‚low-rider’s‘: jener tiefergelegte gepäckträger am vorderrad, der den schlingerbewegungen abhelfen sollte und neue packmöglichkeiten schaffte; die mit klickverschluss zu befestigende lenkertasche kam auf den markt und half die aufkommenden fahrradkarten sichbar zu befestigen ebenso, wie sie dabei half, dass die wertsachen nicht mehr alle am leib getragen werden mussten.

und natürlich gab es die entgegengesetzte radlerInnen-fraktion: mit einfach waschbarer funktionswäsche ausgestattete high-tech- radler, die mit dem inhalt einer lenkertasche und kreditkarte von hotelzimmer zu hotelzimmer radelten und sich als die leichtfahrhelden der fahrradwege fühlten. eine fortbewegungsart, die zu zeiten jenes einarmigen danubien-radlers, der uns einen beredten bericht über seine abenteuer ende der achtiger jahre hinterlassen hat, unmöglich gewesen wäre!*5

die zweite neuerung bestand aus der auf langen strecken sich mit gewissheit einstellenden erschöpfung: wir treten zwar automatisch irgendwie auf den pedalen weiter, aber eigentlich ist keine kraft zum weiterkommen mehr da. und während wir uns so kilometerweit dahinschleppen, stellt sich etwas neues, überraschendes beim radeln ein: die entdeckung, dass wir mit rhythmus weiterkommen: wir kurbeln und kurbeln und kommen weiter, ohne mit muskelkraft zu treten und plötzlich richtet sich etwas in uns auf: wir fahren leicht, aufrecht und ein lächeln entsteht in unserem gesicht – der ‚flow des radelns‘ ist entdeckt!

fahren oder sein, das ist die frage

warum bleiben wir nicht stehen? warum ruhen wir uns nicht aus, wenn wir erschöpft sind? es ist ein grundwiderspruch des lebens, der uns weiterfahren lässt: da ist das ziel, das schwarze meer in diesem falle und dann ist da unsere beziehung zu uns selbst: fahre ich weiter und stärke meine beziehung zum ziel des reise, oder halte ich an, kehre meine aufmerksamkeit um und wende mich mir selber zu: ankommen da wo ich bin. wir sehen diese wunderschönen kroatischen frauen und empfinden dieses sehnen danach, ihre haut zu berühren und wie steht es um mich selbst!? wie berühre ich mich selbst? bin ich mir selbst noch nahe, oder habe ich mich unterwegs bereits verloren? habe ich mich selbst dem ziel untergeordnet und verschenkt? wer bin ich und welches sehnen drückt sich da im blick nach diesen frauen aus? anhalten also. stehen bleiben und beziehung aufnehmen zu dem, der reist: wie reise ich eigentlich? prügele ich mich selbst durch fremde länder und auf asphaltwülsten entlang, die zuhause schon längst zu strassenbauarbeiten geführt hätten, oder holpere ich über grasnarben-rennstrecken, (wie auf dem serbischen donaudamm hinter smederevo) die man in deutschland nicht mal in garageneinfahrten finden würde? ich sehne mich wieder zu jenem weichen, zarten, weiblichen in mir kontakt zu kriegen und gönne mir den rest des tages plantschend in der donau mit gymnastik und fühlendem liegen unter der balkansonne.

ich stelle mir immer wieder die frage, wem will ich mit dieser reise imponieren, von wem will ich als abenteuer-urlauber in meinem tun gesehen werden und natürlich folgt dann auch die frage danach, ob ich mich eigentlich selbst sehe!? was spüre ich von mir? wieder ins gespräch kommen mit mir selber, aber auch mit den mitreisenden: welche eindrücke haben sie? wie ist die stimmung der reisenden? „wenn ich zum schwarzen meer will, kann ich auch das flugzeug nehmen“, sagte ein mitreisender mal und gab damit seiner wertschätzung für die qualität des rad-reisens seinen ausdruck.

und der zweite unauflösbare widerspruch in unserem leben besteht in dem verhältnis zwischen dem, was wir erreichen wollen und unserem können, unseren kräften. immer wieder im leben entscheiden wir diese frage neu: machen wir noch dieses und jenes, weil wir uns für die zukunft eine verbesserung unserer lebensqualität davon erhoffen, oder lassen wir einfach los und treiben im genuss des gegenwärtigen. stemmen wir uns an, gegen das allgegenwärtig uns umgebende chaotische element des lebens, um es zu ordnen, oder lassen wir uns von ihm tragen und entdecken darin die schönheit jener gegenwart, die erst entsteht, wenn wir das leben anzunehmen gelernt haben. es ist der alte widerspruch zwischen dem, was ich vom leben will und jenem, was das leben von mir will und in das ich mich nur fügen kann. beim radeln in danubien wirkt dieser widerspruch besonders stark: es gibt den sog, dass ziehen, bis zum schwarzen meer zu kommen und dann das leben auf dem balkan, dass so wenig von dem erreichen eines ziels und soviel vom lebenswerten des geniessens uns vermittelt.

vom ungehorsam der balkanvölker

beim ersten kreuzzug des heeres gottfried von bouillons(1096-99) zog sich die genutzte route entlang der donau von regensburg bis belgrad und gute 300 jahre später nutzte das türkische heer zur westausweitung des osmanischen reiches die donau für truppentransporte in umgekehrter richtung, bis schliesslich österreich-ungarn nach der schlacht bei mohacs(1526) entlang der donau die imperialistische politik der österreich-ungarischen monarchie verfolgte.*6 in diesem hin und her der herren ihrer länder haben sich die balkanvölker einen ungehorsam gegenüber den machthabern zu eigen gemacht, der ihnen überleben unter verschiedenen religionen möglich machte. wie anders da der reisende tourist als preusse, der doch den gehorsam gegenüber staat und würdenträgern für so wichtig hält: beim radeln in danubien begegnet einem dieser widerspruch auf schritt und tritt: so, wenn man gewissheit über einen preis erhalten will und dann entdeckt, dass sich der balkanier einen scherz daraus zu machen scheint, heraus zu finden, um wieviel höher als bei seinesgleichen er den preis wohl treiben kann!?

oder beim reisen, wenn alle sagen, der fahrradtransport in zügen oder bussen ist grundsätzlich nicht möglich, aber wir könnten den busfahrer oder schaffner fragen, dann liesse sich vielleicht etwas einrichten…und damit gemeint ist, dass diese bediensteten gerne etwas dazu verdienen…’bakschisch-geben‘ nennen die danubier das und sich darin auszukennen ist ausdruck der fähigkeit zum überleben oder unterzugehen in danubien!

pilgerreisen entlang des schwarzen flusses

sie trugen noch felle und konnten aus knochen ahlen fertigen, mit denen sie diese felle zu wunderbaren umhängen zusammennähten. sie waren bildende künstler und schufen die ersten grösseren siedlungen: gemeint sind jene menschen, die entlang der donau von ca.20.000 bis etwa 3000v.chr.gelebt haben. hochentwicklete kulturelle fähigkeiten und ausgeprägte soziale regeln, die gewalttätige auseinandersetzungen verhinderten, zeichnen die menschen der kultur von lepenski vir aus. immer wieder wurden ihre wohnstätten im heutigen djerdap-national-park von donaufluten vernichtet und danach wieder neu aufgebaut, bis sie entdeckten, dass es eine passage durch den donaudurchbruch nach nordeuropa gab: sie waren die entdeckerInnen, der grade unter dem zurück weichenden gletschereis auftauchenden neuen lebensmöglichkeiten im norden der alpen*7. sie waren es, die für eine reihe menschlicher grundfragen lösungen fanden, von denen wir heute noch profitieren: so die entdeckung des feuers, die bedeutung sozialer regeln für ein friedliches miteinander, kenntnis über die bedeutung von schönheit für ein lebenswertes leben(in der schmuckherstellung) und offensichtlich auch die umsetzung eines gemeinsamen religiösen empfindens, dass die auseinanderstrebenden interessen der einzelmenschen auf ein gemeinsames ziel zu einen in der lage ist.*8

vor allem im nationalpark am eisernen tor finden wir noch pflanzen aus der steinzeit – allen voran die eibe, mit ihrer erstaunlichen fähigkeit, selbst aus einem stück geschlagenen holzes noch neu zu keimen!

wir sollten uns bei einer reise vom westen in den osten dieser tatsache bewusst bleiben, dass wir uns entgegen der richtung der erkundung unserer heimat in der vorzeit bewegen: wir bewegen uns zurück zur basis gesellschaftlichen und sozialen seins. nicht hin zum primitiven, wie manche sagen mögen; nicht hin zum barbarischen, wie die kritiker der EU-Ost-Erweiterung gerne sagen, sondern dorthin, wo unsere kultur ihre wurzeln hat: das mag dann für manche mehr das griechische sein, und jene erinnern sich an die reise des odysseus auf dem ‘ister’*9, was der alte name des unteren verlaufs der donau bis zum schwarzen meer ist*10. für andere ist es die reise zum ursprung unseres naturwissenschaftlichen wissens im orient, aus dem die grundlagen unseres medizinischen, astronomischen und physikalischen wissens stammen. bedenken wir dazu die serbische und bulgarisch zugehörigkeit zum byzantinischen reich und dessen ausdehnung über die heutige türkei und syrien bis nach nordafrika als mittelmeermacht vor dem römischen reich.*11

für dritte aber ist die reise der weg selber: die tatsache, dass wir uns auf einem weg befinden, entlang dem alle weiter oben benannten menschen- und handelsströme im laufe der zeiten stattgefunden haben, machen für sie die strecke selbst zu einem träger besonderer menschlicher seinserfahrung: für sie ist der weg das ziel! sprechen wir nun also endlich von der besonderheit des ‚pilgerns‘ auf einer west-östlichen wanderroute: seit das pilgern wieder modern geworden ist, denken die menschen dabei an den ‚jakobsweg‘ in spanien. dass sein endpunkt, santiago de compostella, von geomantisch interessierten aber lediglich als das westliche ende eines pilgerweges verstanden wird, der über madrid, bourges/frankreich, dem bodensee, wien und belgrad ans schwarze meer führt, ist nur wenigen bekannt. peter dawkins schreibt dazu: „es ist faszinierend zu sehen, dass das zwerchfell des europäischen stiers genau dort liegt, wo die politische und militärische teilung in ost- und westeuropa bis vor kurzem noch zu sehen war.(…) sein gebeugter kopf entspricht der iberischen halbinsel, während die karpatenrücken in rumänien seine beckenknochen darstellen.“*12 geomantInnen bedeuten uns, wenn wir in die eine oder andere richtung auf dieser linie entlang (rad-)wandern, würden sich nach sogenannten ‚chakren‘ bestimmte inhalte menschlichen seins durch den ‚landschaftstempel der natur‘ erschliessen: beispielsweise unsere beziehung zum göttlichen in santiago de compostella, kommunikationsthemen im französichen bourges, das thema des umgangs mit der macht in wien und schliesslich unser umgang mit vitalen grundkräften unseres seins in der gegend zwischen belgrad und dem ‚eisernes tor‘ genannten donaudurchbruch durch einen karpatenausläufer.

vom objekt des reisens zur kunst der fortbewegung

es liesse sich an dieser stelle diskutieren, welchen vorteil wir aus den vielen technischen entwicklungen der fahrräder für eine reise nach danubien ziehen können: ob mountainbikes mit breiten reifen der wegebeschaffenheit angemessen, oder liegeräder dem gegenwind angemessen wären; ob man für das einfache tourenrad unter balkanischen bedingungen am einfachsten ersatzteile kriegt, oder ob ein faltrad die schwierige frage des fahrradtransportes in den balkanländern am besten lösen würde. wir trafen einige radler, die auf das prinzip der ‘ulmer schachteln’ zurückgekommen sind: zu zeiten als der weg stromaufwärts noch zu mühsam und kostspielig war, zimmerten württemberger händler aus holz einen lastkahn zusammen, liessen ihn mit der strömung gen balkan treiben, verkauften die ladung und anschliessend das holz als brennmaterial, um dann mit dem zug wieder zurück zu reisen: moderne radler kaufen in donaueschingen einfache gebrauchte räder, die sie am ziel verkaufen, um dann per flieger auf dem schnellsten wege wieder nach hause zu gelangen. unvorstellbar für fahrradenthusiasten, denen ihr vehikel auch ein kultobjekt ist, dessen wert mit der anzahl der bewältigten fahrradabenteuer steigt!

ich möchte an dieser stelle von kunst und schönheit sprechen: von der schönheit der frauen in danubien, von den duftenden blumengärten am morgen, von den überbordenden geranientöpfen in den ruinen des kriegszerstörten vukovar, von der wunderschönen dahlie auf dem gutshof in kroatien, deren besitzer im krieg der neunziger jahre vertrieben wurden; über die schönheit der typisch serbischen schmiedeeisern- oder gemauert gestalteten hofeinfahrt hingegen liesse sich streiten. paradox erscheinen dem gefühl die nicht mehr zu erntenden üppig mit früchten beladenen mirabellen- und pflaumenbäume in minenfeldern am kroatischen teil der strecke und jene hunde, die von ihren vertriebenen familien auf den höfen zurückgelassen, sich nun zu rudeln zusammengeschlossen haben und allein radelnde radfahrer vornehmlich in naturbelassenen wegabschnitten ankläffen. beglückend ist der stets unterschiedliche duft der rumänischen dörfer und eine freude des auges sind die naturschönheiten der pflanzen-und tier-welt: von den weissen seidenreihern, schwarzstörchen, fischadlern, bibern, kranichen, schlangen am wegesrand und den ausgefallenen blütenformen in den feuchtbiotopen. können wir eigentlich von den vielen wasservögeln sprechen, ohne von ihrer nahrungsgrundlage zu sprechen: ein ungewöhnlicher artenreichtum zeichnet die donau, auch nach dem bau grosser wasserkraftwerke wie beispielsweise ybbs in österreich oder djerdap in serbien aus, die den störartigen schwimmern die rückkehr zu den laichplätzen verwehren. einige arten, wie der ausgestorben geglaubte hundsfisch sind sogar endemisch – kommen also nur in der donau und ihren seitenarmen vor – warum haben wir eigentlich nur eine einzige anglerIn gesehen!? gibt es ein bislang unentdecktes geschlechtspezifisches verhalten, das leben und sterben der fische in der donau reguliert!?

und weil dies ein plädoyer fürs radwandern ist, möchte ich auch vom wandel des blossen radfahrens hin zu einer schönheit der bewegung des radelns schreiben: wie trittst du eigentlich in die pedale? hängend wie ein schlaffer sack zwischen deinen schultern, gewaltsam die pedale richtung boden tretend? kraftvoll am lenker zerrend, bis die handgelenke schmerzen? wer lange mit dem rad auf reisen ist, merkt schnell, wo er sich seltsam oder mühsam im umgang mit dem fahrrad schindet. und auch die besten technischen lösungen helfen uns nicht dabei, unseren umgang mit uns selbst auf dem objekt unserer reisen zu üben: wie kann ich meinen oberkörper ruhiger halten, während die beine aus dem becken treten? wie kann ich meinen nacken strecken ohne den blick auf route und landschaft zu verlieren? und wenn es sandig wird im untergrund, wie kann ich den griff zum lenker lockern und dann dem fahrrad mehr mit dem becken und aus dem zentrum richtung geben? es ist dann dem reiten ähnlich und hilft, statt krampfhaft den lenker zu umfassen, sich leicht und fliessend über unwegsames rollen zu lassen. wie wird aus der einseitig- kniebelastenden bewegung des ‘tretens’ auch ein kreisen? ein bewegen der fussgelenke und fordern auch der wadenmuskeln? man muss nicht gleich mit ‘klick-pedalen’ fahren, um seiner fortbewegung ein leichtes, kreiselnd-rhytmisches empfinden zu gewähren. wir wollen uns schliesslich im urlaub nicht auf der strecke schinden, sondern leben in danubien!

die euronorm der menschlichen handspanne

erinnern sie sich noch an den trinkflaschenhalter aus china? die globalisierung hat noch eine weitere auswirkung, der wir hier beachtung schenken wollen: es hat sich doch tatsächlich jemand die mühe gemacht, die durchschnittliche handspanne eines europäers zu berechnen! sie ist zu einer DIN-norm geworden, nach der sich der durchschnittliche umfang einer europäischen plastikwasserflasche bemisst. und deswegen passt keine dieser flaschen in die halterungen an ihrem fahrrad: die durchschnittliche handspanne der chinesen ist einfach kleiner! 44 davon haben wir auf unserer reise verbraucht und ungezählte finden sich in der donau und an de wegen entlang der strecken. dabei gibt es genügend arme menschen in den anrainerstaaten, denen die schlichte einführung eines pfandsystems ein einkommen verschaffen und vermutlich ziemlich rasch die flaschen aus der natur verschwinden lassen würde. ich bin nicht sicher welchen einfluss diese norm auch auf die durchschnittliche rohrdicke eines fahrradlenkers hat, aber häufiger auf reisen meint man, er wäre einfach zu dünn und eine leichte verbreiterung… naja, der erfahrene radler kennt auch dafür schon das nächste zusatzteil!?

wo wir vom wasser reden: wir haben uns auf der reise immer wieder gefragt, warum in keinem donaureiseführer steht, wie viele mücken es da gibt. ein einfacher hinweis würde ausreichen, dass man entsprechend vorsorgt, wobei mir wirklich nicht einfällt, wie man sich vor den abendlichen flugzeugen schützen soll, nach deren donauquerung in auffallender weise das mückenbrummen verstummt…ich mag mir nicht ausdenken, was da auf dem wasser abgeladen wird, in dem wir morgens baden gehen. der radreisende weiß die mückenbefreiung zu schätzen, während der umweltaktivist sich ausmalt, welche folgen auf die nahrungsmittelkette solche insektenvernichtung hat – vom langsamen sterben an der donau.

dann muss noch von wylkowe gesprochen werden: jener ukrainischen kleinstadt, die mit dem argument das rumänische monopol auf den schiffahrtsverkehr zum schwarzen meer brechen zu wollen den bystre-kanal mitten durchs donaudelta baut und alle ökologischen und politischen einwände als ‚ einmischung in innere angelegenheiten‘ abwehrt*13 wirtschaftliches leben und sterben am fluss und eine bedrohung des erst 1991 von der UNESCO zum weltnaturerbe erklärten donaudeltas!

und dann das delta der donau. die weite bis zur anderen uferseite erscheint unüberbrückbar und als radlerIn fühlen wir uns verloren in einem urwald von inseln, gewässern und schilfgrasfeldern. lassen wir uns an diesem ziel unserer reise noch einmal zeit, uns umfassen und beeindrucken zu lassen von dieser anderen welt. von dieser weite und der einsamkeit der menschen dort, von der nur oskar walter cisek in den dreissiger jahren wirklich gut schreiben konnte.*14

nach meiner rückkehr fiel mir ein buch über tibetische mediation in die hände, in dem von dem kleinen blauen licht die rede war: die tibeter nennen es ‚tikle‘ und halten es für ein übergangsphänomen beim meditations-schüler: bei der schrittweise sich vollziehenden auflösung aller illusionen über unser sein, erscheint es in der nähe der grund-lichtheit unseres geistes, sagen die texte. es ist wie beim betrachten des leeren, wolkenlosen himmels. und wenn der adept der tibetischen dzogchen- praxis dann diesen zustand nicht stabilisieren kann, erfindet der geist lichtpunkte, ähnlich denen, wie wir sie aus der späten malerei von van gogh kennen. das buch trägt den titel: das tibetische buch vom leben und vom sterben – ein schlüssel zum tieferen verständnis von leben und tod.*15

der ausbau der eurovelo-route6 entlang der donau, gibt uns die möglichkeit menschen aus 10 verschiedenen europäischen nationen*16 zu begegnen. nutzen wir dies auch, den vielfältigen und widersprüchlichen aspekten unserer selbst in unserem leben ausdruck zu geben und durch unsere persönlichen begegnungen einen beitrag zur europäischen völkerverständingung zu leisten. die erweiterung der EU richtung osten ist grade erst ein jahr jung.

sandpiste am theißkanal

literaturhinweise

* ein begriff, der in den späten siebziger jahren von heinrich böll entwickelt wurde

** timothy leary; exopsychologie – handbuch für den gebrauch unseres nervensystems nach den anweisungen der hersteller; basel 1981

*3 ilija trojanow; der fremde als lehrmeister; in: le monde diplomatique august 2008; s.4/5

*4 die donau, wikipedia; 2.9.2008

*5 egon kaspar; meine donauradtour; ulm o.j.

*6 marianne mehlung; knaur’s kulturführer – die donau; münchen 1993 und ernst trost; lebenslauf eines stroms; münchen 1968

*7 jean auel; ayla und das tal der grossen mutter; münchen 1990

*8 dragoslav srejovic; lepenski vir – menschenbilder einer frühen europäischen kultur; mainz 1981

*9 als klassische literatur: homer; die odyssee; reinbek 2004 oder wunderbar modern verfilmt in den 90ger jahren von theo angelopoulos, die balkankriege aufgreifend: der blick des odysseus

*10 friedrich hölderlin schrieb 1923 über den ister ein beeindruckendes gedicht; sämtl. werke: bd 4, bs. 220f

*11 knaurs neuer historischer weltatlas; münchen 1996; s. 112/113; und michael wood; babylons vermächtnis; münchen 1997

*12 peter dawkins; zoence – die wiederentdeckung der tempelwissenschaft; münchen 1996; s. 176f

*13 bericht der donaukomission, budapest 2004

*14 oskar walter cisek; strom ohne ende; berlin 1937

*15 mehr über diese sogenannten ‚tikle‘ in: sogyal rinpoche; das tibetische buch vom leben und vom sterben; münchen 1997,s. 326ff

*16 aufsteigend nach der kilometerlänge des donauabschnittes in dieser nation sortiert: moldawien (ca. 1), ukraine (54), kroatien (138), slowakei (172), serbien (220), ungarn (275), österreich (321), bulgarien (472), deutschland (687), rumänien (1020)

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